Der Comic Code – Selbstzensur einer Branche | Gedankenspiel

Wie bereits angekündigt wird es heute etwas historisch und eigentlich wollte ich über den Image Verlag und dessen Einfluss in den 90er Jahre schreiben aber interessanter ist der Comic Code, der von den 1950er Jahren bis 2011 bestand hatte.

Was ist also der Comic Code?

Der Comic Code ist eine Liste von Vorgaben, die von der Comics Magazin Association of America, im Rahmen der Selbstkontrolle erstellt wurde. Ergo stellt der Comic Code, kurz C.C., faktisch eine Selbstzensur der Comicindustrie dar.

Wie enstandt der Comic Code?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die Zeit um einige Jahrzehnte zurückdrehen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden immer mehr Comics für Erwachsene veröffentlicht die Gewalt, Sex oder Horror behandelten. Politiker, Elternverbände und Lehrer protestierten gegen Comics auf Kundgebungen gegen Comics und deren angeblich schädliche Einwirkung auf Kinder bzw. heranwachsende, die als einzige Zielgruppe für Comics angesehen wurden.

Berühmtheit erlangte in dieser Debatte der Psychiater Fredric Werthman, der einen direkten Zusammenhang zwischen jugendliche Straftätern und Comics sah, nachdem er eine solche Gruppe befragt hatte und stellte eine Beobachtung an. Da allerdings fast jeder Jugendliche in die Zielgruppe für Comics fällt und die Kriminalität in diesem Zeitraum sank, ist diese Beobachtung eher zweifelhaft zu sehen. Dieses Thema Wertham einige Zeit später in seinem kontroversen Besteller Seduction of the Innocent (Verführung der Unschuldigen) auf und brandmarkte Comicverleger als Verbündete des Teufels. Der Roman avancierte zum Besteller, polarisierte und wurde kontrovers diskutiert.

Infolge dieses Buchs und um die Schlussfolgerungen zu verifizieren wurde unter Senator Estes Kefauver das Subkomitee des amerikanischen Senats zur Untersuchung von Jugendkriminalität in den USA gegründet, das zwei seiner Anhörungen im Jahr 1954 live im Fernsehen übertragen ließ. Kefauver befragte Mitarbeiter von Comicverlagen, unter ihnen Bill Gaines, der mit seinen Geschichten aus der Gruft (Horror, Gewalt) Comics berühmt wurde. Gaines war zwar in der Lage auf alle Fragen des Senators zu antworten, brachte jedoch durch seine süffisante Art sich selbst und seine Branche ins Misskredit gegenüber dem Staat und dem Volk. Durch die Ausstrahlung dieser Befragung wurde erneut eine Protestwelle erzeugt, in deren Folge gewisse Comics aus dem Sortiment der Händler verschwanden und mancherorts Comics öffentlich verbrannt wurden. Der Schrei nach staatlicher Zensur wurde immer lauter.

Die Ära der Zensur und die Folgen der Anhörung

Vor der Veröffentlichung musste jeder Comic durch die CCA (Comic Code Authoroty) geprüft werden. Themen wie Sex, Gewalt, Drogen oder Flüche durften nicht mehr vorkommen. Nacktheit war ebenso verboten wie Terror/Horror als Teil der Namensgebung. Wenn ein Comic die Prüfung positiv abschloss erhielt das Werk ein Siegel und durfte verkauft werden. Fehlte dieses Kennzeichen einer positiven Prüfung, hatte der Comic kaum eine Chance in den Verkauf zu gelangen. In einigen Städten stand der Verkauf ungeprüfter Comics sogar unter Straft.

Die ideellen sowie wirtschaftlichen Folgen für die Comicindustrie waren verheerend. Durch die Restriktion waren Zeichner wie Autoren stark eingeschränkt, mussten auf die erwachsene Zielgruppe verzichten und sich auf ein jugendliches Publikum fixieren. Horror/Krimicomics waren somit (vorläufig) am Ende.

Auf wirtschaftlicher Ebene führte der Comic Code zum Konkurs zahlreicher Verlage und die Auflage von Comics sank rapide. Bill Gaines musste viele Reihen seines Verlags, u. a. Geschichten aus der Gruft, einstellen.

Licht am Horizont – Die Lockerung des Codes

Im Jahre 1971 schrieb Stan Lee für das US-Gesundheitsministeriums 3 Ausgaben von The Amazing Spider-Man (#96 – #98) um auf die Gefahren/Folgen von Drogenkonsum hinzuweisen. Da diese Ausgaben unmöglich das Prüfsiegel der CCA bekommen konnten, wurden die Hefte mit der Zustimmung des Gesundheitsministeriums ohne Prüfsiegel direkt von Marvel veröffentlicht. Somit mussten die Kriterien des Comic Code angepasst werden um weiterhin handlungsfähig sein zu können.

Mitte der 80er begannen Kleinverlage ihre Comics ohne Prüfung durch die CCA zu veröffentlichen, indem alle Comics im Selbstverlag erschienen und direkt an den Endkunden ausgeliefert wurden. Somit wurde die CCA geschickt umgegangen und weitere Anpassungen wurden am Comic Code vorgenommen. In dieser Zeit erschien bei DC die legendäre The Dark Knight Returns, die explizit für Erwachsene konzipiert war. Außerdem wurden neue Vertriebswege (Buchhandlungen, Direktvertrieb) erschlossen, was die Prüfung immer weiter obsolet machte.

Das Ende des Comic Codes

In den 90er Jahren nahm die Bedeutung des Comic Codes immer weiter ab, bedingt durch die Anpassungen und Lockerungen. Verlage wie Vertigo oder Epic Comics reichten ihre Comics nicht mehr zur Prüfung ein, wählten den Weg des Direktvertriebs und ignorierten sowohl die Voragen des Codes als auch die Prüfung. Bis zum Jahr 2011 verabschiedeten sich Marvel, DC, Archie und Bongo Comics vom Comic Code was dieses Kapitel der Comicgeschichte nach vielen Jahrzehnten schließlich beendete.

Obwohl der Comic Code sicherlich nicht gerade vorteilhaft für die Comicindustrie war ist es faszinierend, dass dieses Medium trotz massiver Zensur nicht totzukriegen ist und unsere geliebten Helden bis heute bestehen konnten. Trotz der kindlichen Ausrichtung in den 50er bis 70er wurde der Ton in den 80er/90er Jahren wieder düsterer und die Helden mussten/müssen sich wirklichen bedrohungen stellen.

Somit endet mein Exkurs über dieses spannende Kapitel der Comicgeschichte und ich hoffe euch hat der Beitrag gefallen.

Das wars von meiner Seite. Wir lesen uns im nächsten Beitrag!

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Autor: DerStigler

Zwischen Videospielen, Filmen, Büchern, Katzen und einem aufregenden Leben.

6 Kommentare zu „Der Comic Code – Selbstzensur einer Branche | Gedankenspiel“

      1. Es ist definitiv sehr interessant, kulturell gesehen für mich sowieso.
        Hm, Image Comic Revolution sagt mir nichts, aber „Revolution“ liest sich so, als wäre das auch ein interessantes Thema.

        Gefällt 1 Person

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