Vielen Dank an die liebe Mara aka Ainu89 für diesen tollen Gastbeitrag!
Es ist schon eine Weile her, da war DerStigler so nett und hat mir aus seiner beeindruckenden Comicsammlung ein paar Schmankerln herausgesucht – an dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön dafür. Anlass war meine große Begeisterung für das Marvel Cinematic Universe, kurz MCU, beziehungsweise Comicverfilmungen im allgemeinen, und der Start unseres gemeinsamen Specials „Comics sind mehr als Bilderbücher für Kinder“. Schlicht, ich wollte einfach gerne mal herausfinden, ob die gedruckte Welt von Marvel mich vielleicht genauso in ihren Bann ziehen könnte, wie es die Bewegtbilder tun. Die Auswahl, die mir DerStigler daraufhin zu Verfügung gestellt hat, kann man durchaus als vielfältig und abwechslungsreich beschreiben, also ideal geeignet für ein erstes zaghaftes Beschnuppern der Materie. Von den „X-Men“ in allen möglichen Konstellationen, über „Spider-Man“, den „neuen“ „Captain America“, bis hin zu „Deadpool“, von allem war etwas dabei – bei „Deadpool“ konnte ich mich sogar durch eine vierbändige Complete-Collection lesen.
Und ich muss gleich mal vorweg sagen, dass mich die Geschichten teilweise wirklich mitgerissen haben, sodass ich am liebsten sofort das nächste Heft gelesen hätte – hier ist also nicht der Grund dafür zu finden, dass ich in der Überschrift von einem Fehlversuch spreche. Auch an den unterschiedlichen Zeichenstilen habe ich nichts auszusetzen, obwohl mir manche deutlich besser gefallen haben als andere. Mein Problem mit dem Einstieg lag tatsächlich dort verankert, wo ich es immer befürchtet hatte: beim Aufbau. Man muss sich das nur einmal vorstellen, den Comicverlag Marvel gibt es bereits seit dem Jahr 1939, also seit 81 Jahren. In dieser Zeit wurden dank sehr kreativer Köpfe unzählige Helden, Antihelden, Schurken und alles, was es so dazwischen gibt, erfunden und auf Papier gebannt. Schon früh kam man dabei auf die Idee, dass sich mit Crossovern der einzelnen Comicfiguren untereinander wunderbar nicht ganz so bekannte, oder überhaupt neue Charaktere bei den Lesern promoten und etablieren lassen. Außerdem musste man einsehen, dass man nur schwer, selbst vom noch so gewillten Leser, verlangen kann, bei einer Serie immer wieder bei Heft #1 aus dem Jahre Schnee anzufangen – bei „Captain America“ müsste man dafür tatsächlich bis ins Jahr 1939 zurückgehen. Reboots und Neustarts waren somit unumgänglich, wollte man seine beliebtesten Figuren nicht in den Ruhestand schicken. Und genau hier treten einem als Einsteiger die Schweißperlen auf die Stirn. Wo soll man anfangen? Welches Event sollte man auf jeden Fall gelesen haben? Gibt es Storylines, die man kennen sollte, bevor man mit dem Neustart beginnt?
Viele Fans des Verlags antworten auf diese leicht überfordert vorgebrachten Bedenken dann gelassen: „Kein Stress, fang einfach mal bei irgendeinem Helden an, der dir gefällt, und dann siehst du eh, ob es was für sich ist“. Als jemand, der genau das gemacht hat, kann ich euch jetzt sagen, bei mir geht diese Taktik offenbar nicht wirklich auf. Ständig hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass mir wichtige Informationen, die Figuren und ihre Beziehungen zueinander betreffend, fehlen. Es ist schon verständlich, dass man nicht immer wieder ganz bei Null anfangen kann, beziehungsweise das auch gar nicht muss, aber wenn man dann plötzlich erfährt, dass Wolverine und Storm offensichtlich ein Paar sind (oder waren), dann ist das zumindest für mich schon eine Info, zu der ich gerne etwas mehr Kontext hätte. Die Complete-Collection von „Deadpool“ machte die Sache für mich sogar noch deutlicher. Nachdem hier wirklich nur die Hefte der „Deadpool“-Reihe zusammengestellt wurden, nicht aber die Events, bei denen er involviert war als solche, kam es immer wieder dazu, dass eigentlich sehr spannende Geschichten einfach nicht weitergeführt wurden, da sie zu einem Crossover zählten und der nächste Teil wahrscheinlich in einem der „X-Men“ Comics zu finden gewesen wäre, oder vielleicht auch woanders. Das ist nämlich ein weiteres Manko, nie kann man im Heft herausfinden, wo die Geschichte denn weitergeht – oder ich war einfach nur zu blind, um diese Information zu finden. Will ich also zum Beispiel gerne den Rest des „Secret Invasion“-Events lesen, auf das ich einen kleinen Vorgeschmack in einem der „Deadpool“-Comics der Complete-Collection erhalten habe, muss ich erst ins Internet gehen und dort zu recherchieren beginnen, welche Hefte von welchen Superhelden denn jetzt eigentlich Teile dieser Geschichte enthalten.
Vielleicht lassen sich meine Probleme mit dieser Art der Strukturierung aber auch einfach mit meinem Background zu dem Thema „Comics“ erklären. Als ich noch wirklich klein war, gab es in unserem Haushalt nämlich nur zwei „echte“ Comicreihen: „Lucky Luke“ und „Asterix“. Hier stellte sich nicht die Frage, welches Heft man sich jetzt kaufen sollte, beziehungsweise in welcher Reihenfolge man die einzelnen Hefte lesen muss – jedes Heft enthielt eine abgeschlossene Geschichte und die wichtigsten Charaktere wurden, sofern notwendig, zu Beginn eines jeden Heftes immer wieder vorgestellt. Neben diesen zwei klassischen Comicreihen beherbergten die heimischen Bücherregale vor allem das: Bücher. In meinen Teenager-Jahren entdeckte ich dann, bedingt durch den damaligen Boom im Free-TV, die Welt der Animes, und in weiterer Folge auch die der Mangas für mich. Und auch hier stellt sich nie die Frage: „Wo fange ich nur an?“. Selbst bei endlos scheinenden Serien wie „One Piece“ oder „Dragon Ball“ sind diese Fragen ganz leicht zu beantworten, nämlich bei Heft #1. Natürlich gibt es auch hier immer wieder Ableger oder Spin-Offs, aber auch diese fangen, ebenso wie die Hauptreihe, immer bei #1 an und werden dann fortlaufend nummeriert. Noch später entdeckte ich dann die Graphic Novels für mich, quasi bebilderte Romane, die ebenso eine angeschlossene, meist etwas umfangreichere Geschichte erzählen und somit nicht einmal einer Nummerierung bedürfen. Ich bin es also gewohnt, dass ich meine Geschichten, wenn schon nicht an einem Stück, so doch wenigstens in einer geordneten und nachvollziehbaren Art und Weise konsumieren kann, ohne mich erst groß im Internet informieren zu müssen, welches Heft aus welcher Reihe ich mir nun als nächstes kaufen müsste, beziehungsweise darum bangen muss, ob es besagtes Heft überhaupt noch zu erwerben gibt.
Zusammengefasst lässt sich somit sagen, dass mein erster Versuch in die Comicwelt von Marvel hineinzufinden, trotz eigentlich spannender Geschichten und gefälligem Art-Design, nicht wirklich als geglückt bezeichnet werden kann. Vielleicht, oder besser gesagt wahrscheinlich, werde ich es zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal versuchen, dann aber doch eher mit einem zusammengestellten Event zum Einstieg. Einstweilen bleibe ich doch lieber bei meinen Graphic Novels und Mangas.